Vor rund 120 „Erziehenden“ sprach am Freitag, den 16.03. der Medienpädagoge Wilfried Brüning aus Detmold in NRW. Auf Einladung des Fördervereins der Grund- und Werkrealschule Ergenzingen zeigte er in der Mensa der Schule Eltern, Lehrern und ErzieherInnen „Wege aus der Brüllfalle“. Konsequentes Schweigen als Kontrapunkt zum Brüllen propagierte der Referent in seinem ausgesprochen lebendigen Vortrag, den er mit Filmeinspielungen und vielen spontanen Experimenten mit seiner Zuhörerschaft spickte.
Bevor er zu ganz konkreten Erziehungstipps kam, gab Wilfried Brüning zunächst mal einen kurzen Überblick über Erziehungsmethoden. „Erziehen war noch nie so schwierig wie heute“, stellte er gleich zu Beginn fest, denn seit rund 30 Jahren gäbe es keinen verbindlichen Erziehungsstil mehr. „Früher gab es nur eine Richtung für alle: ‚Wer nicht hören kann, muss fühlen’.“ Die dann folgende antiautoritäre Erziehung, als krasser Gegensatz, sei innerhalb kürzester Zeit an den eigenen Ansprüchen gescheitert. Die jetzige Generation bezeichnete er als „experimentierende Eltern“, deren Einfluss auf die Kinder immer geringer würde. Früher hätten Eltern vielleicht sogar noch weniger selbst erzogen, aber im Unterschied zu heute seien sich alle einig gewesen. „Heute erziehen auch Kindergarten und Schule mit, aber vor allem auch Freunde und Cliquen, und ganz aggressiv die Medien.“
Wenn der eigene Einfluss auf die Kinder immer geringer würde, werde es immer schwieriger, ein ‚Nein’ durchzusetzen. Sein Tipp: Standhaftigkeit beweisen und in Konfliktsituationen die Führung behalten. Argumente wie „Es gibt doch gleich Mittagessen, deshalb ist es nicht gut, vorher ein Eis zu essen“ implizierten, dass man von den Kindern eine vernünftige Entscheidung erwartet. Sinnvoller sei es aber selbst die Entscheidung zu fällen und diese mit einem klaren und unumstößlichen ‚Ja’ oder ‚Nein’ auszusprechen. „Eltern wollen meistens erreichen, dass ihre Kinder einsehen, was richtig oder falsch ist. Damit übertragen sie aber die Verantwortung für den Konflikt auf die Kinder und geben gleichzeitig die Führung ab.“ Wichtig sei auch persönliche Sprache – „ich möchte“ statt „man sollte“ – und bei sich selbst zu bleiben: „Für sich selbst argumentieren, nicht gegen den anderen, ist die beste Voraussetzung, dass es am Ende keine Verlierer gibt.“ Beispiel: „Ich habe mich gerade hingelegt, siehst Du das nicht?“ projiziere ein schlechtes Gewissen auf das Kind. Hingegen sei „Ich möchte im Augenblick nicht mit Dir spielen, denn ich bin müde und möchte mich jetzt ausruhen“ eine klare Aussage, die keine Einsicht verlangt und keinen Zweifel zulässt.
Um ein Nein oder einen Wunsch an die Kinder durchsetzen zu können, empfahl Brüning „konsequentes Schweigen“, also statt lange zu argumentieren, kurz und knapp zu formulieren und schweigend die Reaktion einzufordern. Blickkontakt oder besser noch eine schon fast unangenehme körperliche Nähe zu den Kindern verstärke das Ganze. Brüllen hingegen führe zwar häufig dazu, dass die Kinder tun, was man von ihnen verlangt. Aber es setze auch ein gefährliches Signal: „Wer brüllt gewinnt“ - eine Erkenntnis, die zu noch mehr Aggressivität führt und für Brüning die eigentliche „Brüllfalle“ beinhaltet.